Freitag, Juni 19, 2009

konzert: embryo, 17.06.09

ein abwägen fand nicht wirklich statt, aber eine wahl war zu treffen: neil young vs. embryo. ich hatte mich für letztere entschieden. vielleicht, weil der fahrtweg kürzer, vielleicht, weil der eintrittspreis geringer war. vielleicht aber auch, weil ich schlicht und ergreifend neugierig auf ein paar altgediente war, die ich noch nie live gesehen hatte (obwohl sie wahrlich fleißig tingeln). wer von beiden mittlerweile länger auf der bühne steht, mag ich nicht entscheiden. aber die vierzig jahre, die embryo mittlerweile auf dem buckel haben, haben ihre spuren hinterlassen. nicht nur in der hochgradigen professionalität ihres musikalischen auftritts, auch in den gesichtern. zumindest der beiden gesellen, die schon lang den betrieb der unternehmung, des projektes embryo aufrecht erhalten. denn eines ist klar. so richtig durchsichtig ist das nicht, was die münchner band seit jahrzehnten veranstaltet. nicht nur, dass sie sich umtriebig auf allen kontinenten aufgehalten haben, sie haben von dort auch immer wieder musiker, stile und instrumente importiert. dass dies gleichzeitig die verortung der band und ihres outputs erschwert, versteht sich von selbst.
so war auch nicht unbedingt klar, was den hörer im biergarten zu john's in obing erwarten würde (zumindest für jenen teil, der sich nicht fortlaufend auf den neuesten stand in sachen embryo bringt). neben dem trachtenverein, der sein stammhaus in unmittelbarer nähe hat, und in freiluft noch so manches bier einnahm, fanden sich auch ca. dreißig interessierte ein, denen man den künstlerisch rezeptionellen freigeist nicht nur an den kleidern ansah.

neugierig konnte man dann beobachten, wie sich fünf musiker ungezwungen auf ein sittsames konzert vorbereiteten. hier die gestandenen: mit seinem vibraphon christian burchard (gründungsmitglied und einzige konstante im kosmos embryo) und an den orange schimmernden, glänzenden drums dieter serfas, langzeitgenosse und ebenfalls in würde ergraut. als besonderen gast in der runde konnte man cristina mazza aus italien am altosax begrüßen, die man ihres altes wegen mit zu den bejahrten zählen muss. ihre anfahrt verzögerte sich etwas, so dass der geplante frühe beginn auf eine angenehm verspätete uhrzeit verlegt werden konnte.
und dort die jugendliche fraktion: an der orgel bzw. dem keyboard die tochter buchards marja. und abschließend ein junger mann am bass. dessen name fiel christian während der vorstellung seiner kapelle auch nicht mehr ein, er ist mir ebenso nicht mehr präsent. sorry.
ohne großes brimborium nahm die fuhre fahrt auf und machte schnell klar, wohin es an diesem abend gehen sollte. jazz ohne firlefanz, konstruiert auf einem sicheren, aber jederzeit spannendem rhythmusgeflecht aus fein geschlagenen trommelfellen und einem konstruktiven und anmutig bedientem bass, angelehnt an eine inspirierte und frohlockende orgel, abgerundet durch einen saxophonumgang erster güte und einen vibraphonisten, der sich spielfreudig, quirlig und am instrument manisch zeigte. nebenher gab sich burchard angenehm zurückhaltend, genau so wie man sich einen kerl mit vierzig jahren bühnenerfahrung vorstellt. er sagt seine songs an, gibt kurze erklärungen: "der song handelt, so könnte man sagen, von einem kerl, der gerade den gendarmen entwischt ist." oder "hier ein song zum träumen.". alles sehr launig, ungezwungen, den temperaturen angemessen. und obwohl einige wichtige vertreter der band fehlen, setzen die jungen kollegen und besonders die dame aus italien, die gern auch als die "prima donna" der heimatlichen jazzszene bezeichnet wird, deutliche akzente und heizen den immer wieder begeisternd klatschenden zuhörwilligen ordentlich ein. das abschließende "rock my soul" aus der feder mal waldrons steht ganz im zeichen der ehrerbietung burchards für den ausnahmejazzer, den er bereits 1967 kennenlernte und mit dem er viele jahre zusammen musizierte. ein schöner abend in lauschiger umgebung, hervorragend untermalt von einer strebsamen band, die man jedem nur ans herz legen kann, der weniger der erweckung, denn der entspannung bedarf.

fußnoten/gedanken: öfter mal bei jazz einfinden. ungezwungener der umgang, unverklärter der blick, spannender die entwicklungen, überraschender die verzauberung. marja - immer wieder mit glanz auf dem gesicht, mit einem lächeln auf den lippen und einem gestus, der die versenkung spiegelte. die drums habe ich selten so gerissen, subtil verschlagen bedient gesehen.
embryo - banaras in pasing (2008)
embryo - wieder das erste mal (2006)

1 Kommentar:

Oliver Peel hat gesagt…

Zuerst dachte ich, es handele sich um einen Grillabend oder so.Beim genaueren Hinsehen stellte ich aber fest, daß es sich um ein Xylophon handelt und keine Würstchen, die auf dem Rost schmoren.

Prima Bericht, so relaxt und entspannt. Und keiner beschreibt besser das Zusammenspiel von Instrumenten als Du, Eike. "Ein fein gechlagenes Trommelfell, eine frohlockende Orgel", auf solche Bilder muß man erst einmal kommen! Immer wieder bereichernd und inspirierend so etwas zu lesen, das befeuert die Freude am Schreiben.