Mittwoch, Juni 11, 2014

konzert: orange blossom special festival 18, teil 3

der freitag abend musste noch in die nacht überführt, der erste festivaltag beendet werden. über allem wachte ein sich hingebender fisch. nahe der weser ein sinniges bild.


die erinnerung trügt. trügt. trügt. was mittelmaß hatte, wird belobigt, was gut war, wird glorifziert. die rückschaulinse ist belegt mit dem warmen schauer vermeintlichen memorandums. erst ganze zeit später ordnen sich die bilder, das bruchstückhafte setzt sich auf seine weise neu zusammen und schafft eine ordnung, an die man sich wirklich halten kann. ein vorausschicken persönlicher natur mit der unterstreichung, vor solcherart überhöhung ncht gefeit zu sein.
die bisherigen zwei auftritte von golden kanine auf dem orange blossom festival waren unterschiedlichster prägung. hier das euphorische und unverblümte, fast schon unverbrauchte, dort das aufwändige und kraftsstrotzende, selbstbewusste konzert. den letzten aspekt vorausgesetzt, fühlte sich die schwedische band doch auch in diesem jahr sorgsamst im familären kreis der glitterhouse familie aufgehoben (nicht zuletzt werden sie die hochzeitskapelle der zukünftigen familie rembert stiewe geben), wusste man nicht wirklich, was einen erwarten würde.

immerhin war das ensemble wieder um die great bertholinis bläser erweitert, so dass eine hausbackene folknummer nicht zu erwarten war. zu konstantieren war schließlich ein auftritt, der beute machte sowohl in der einen als auch in der anderen vergangenheit. druckvoll und gefühlig zugleich, ein zum markenzeichen zu stilisierendes moment, das sich golden kanine ans revers heften lassen sollte. die belegte note am banjo, der akustischen gitarre, dem melodischen und druckvollen bass, dem leichtläufigen drumming und den seelenvollen stimmen bei gleichzeitigem maß nehmen: an der hymne, dem aufschrei, dem großen gesang um das ganze. und um keinen deut weniger.

so legte sich die band genau die schnittmenge einstiger großtaten auf die schaufel, um sie mit voller kelle im publikum abzuladen. nicht zuletzt, weil einer vom anderen weiß, was er erwarten kann. dass die band dies unterstreicht, in dem sie zuvorderst mit hits ("scissors", "burial"!, "fire") und hohem wiedererkennungswert beginnt, kann man ihr nur unverblümt danken. jegliche zögerlichkeit, jegliches unnötige anbandeln, jegliches aneinander gewöhnen müssen, entfiel vollends. stattdessen: volle kante. also: akustische parforce, verzückte perkussion, manischer bass und bläser, die dem affen zunder gaben. den jungs sah man in jeder sekunde an, dass sie den auftritt genossen. zumal es sich mit (fast noch) frischem album im gepäck eh ein wenig leichter musizieren lässt. und so skandieren sie "these days are made for us" und aus tausendfacher kehle erfahren sie einen freundlichen wie freundschaftlichen widerhall der zustimmung und übereinkunft.



in den umbaupausen des ersten tages spielten auf einer kleinen nebenbühne annen may kantereit auf. die junge deutsche truppe hat das zeug für das ganz große und es wäre kein wunder, wenn man sie in den kommenden jahren auf der hauptbühne entdecken kann. vor allem beeindruckten mich die durchdringenden melodien, von denen die band, die sich nach den nachnamen ihrer mitglieder benannte, ein ganzes arsenal zur verfügung zu haben. klasse auch die wechsel in englische bzw. in die deutsche sprache, die zugleich stilistische wechsel nach sich zogen. bin sehr gespannt, was man in nächster zukunft von ihnen zu hören bekommt.


der samstag begann mit der dänischen band dangers of the sea. wie erwartet wurde es ein sonnenwarmer wie gefühlig besinnlicher start in den zweiten festivaltag. der gesang des blondgelockten frontmanns andreas bay estrup stieg warm und mit gebremster inbrunst auf, immer wieder mit bedacht von einer glitzernd hellen, angepickten akustikgitarre unterbrochen, von sanften pianotönen gekitzelt und einem leichthändigen drumming flottiert. dass hier nicht nur handwerker, sondern könner am start waren, merkte man allerorten. die sorgsame prägung der arrangements, wie sich die instrumentalen einheiten zueinander verschoben, ineinander verschränkten, um auf einer neuen ebene kreationen der schlichten schönheit entstehen zu lassen, ließ die wärme der sonne potenzieren. nach "your hands are folded" setzte "mine to keep" bereits am anfang des sets einen ersten höhepunkt. diese gedeckte dringlichkeit, die melodische transparenz wirkten im klaren mittagslicht wie heilsbringer.


erst recht, als estrups gesang in die kopfstimme wechselte und sich mit den pianospritzern vereinigte. in die menge des fast schon vollständig angetretenen auditoriums kam leichte bewegung, wie der wind den plüschfisch über dem balkon des glitterhouses sacht in leichtem schlingern hielt. "sheer desperation" nahm dangers of the sea noch einmal den folkstempel ab. in kurzen abständen kreiste die gitarre um sich selbst, um im verfänglichen schlagzeug eine andockstation zu finden. im flimmern der aufsteigenden hitze zog die harmoniendichte an. auch "everything will be alright" sollte länger in erinnerung bleiben. etwas leichtfüssiger als seine vorgänger mutmaßte es an piano und lebendigem schlagwerk. der gemeinsame gesang erging sich im vollmundigen refrain. ein guter moment, um an dieser stelle auch das selbstbetitelte album zu empfehlen. schöner hätte der samstag kaum beginnen können. die zuschauer goutierten dieses konzert mit breitem lächeln in den gesichtern.
setlist: your hands are folded / mine to keep / light / sheer desperation / ny song / everything will be alright / come sit by my fire / when the curtain falls / turn around / show some mercy / your time is wasted / everybody loves you / take my hand




nach den doch eher ruhigeren nummern der dänen, zogen die schweizer von the animen ganz schlicht die handbremse und ließen die karre von der leine. der vierköpfigen truppe traute man auch auf den ersten blick mehr als nur übermut zu. zu konzentriert wirkte die inangriffnahme ihres sets. und es stellte sich flott heraus, dass sie begeistern und fetzen zugleich beherrschten. denn während das eine zwar erheitern, kann das andere schnell die fahrt an einer betonwand enden lassen. wie auch anderen bands standen the animen sechzig minuten zur verfügung, die sie voll und ganz nutzen sollten. immerhin brachten sie es auf mehr als ein dutzend songs, was die kursrichtung unterstreicht. kurz, prägnant und auf den punkt zu sein. rhyhtmus- und leadgitarre gaben vor, der bass und das schlagzeug stabilisierten die nach allen seiten wackeligen chose, die jedoch zu keiner zeit ins schlingern kam. dafür sorgte insbesondere theo wyser, der frontmann, der sich schon mal unscheu vor dem publikum postierte und das posieren seiner vorbilder imitierte.


die rock 'n' roll geschichte der sechziger wurde ganz sicher von den vieren aufgesogen. was sie am ende davon unterscheidet? vielleicht einfach nur der mut, diesen stupenden, hibbeligen beat ins neue jahrtausend transportiert zu hieven, um ihn dort auf unaufgeregte und doch schweißtreibende art und weise zu präsentieren. es war eine freude, den einzelnen bandmitgliedern auf die finger zu sehen, mit welchem enthusiasmus sie ihrer arbeit nachgingen. dem basser fiel die tolle ständig ins gesicht, und als er von theo vorgestellt wurde, strich dieser ihm die widerspenstige matte zurück, damit das neugierige publikum einen blick auf den jungen kerl werfen konnte. breitbeinig klopfte der basser danach weiter zielgericht seine lines ins instrument. in seinem rücken malträtierte der drummer sein kleines set und machte dabei nie den eindruck größerer angestrengtheit. nicht weniger ungebunden der gitarrist auf der rechten bühnenhälfte. immer ein lächeln im gesicht, warf er sich zu gegebener zeit ans mikrofon, um seinem boss vokale unterstützung zu bieten. dass das schon mal schlachtrufcharakter trug, tat dem fantastischen auftritt keinen abbruch. im gegenteil war dies eine kleine genugtuung in dieser fußball abstinenten zeit. mit "shake" gab es schließlich einen formidablen rausschmeisser, das kraftvoll gebrüllte titelgebende wort schallte ins weite rund und hallte noch eine ganze weile nach.
setlist: mr. wang / road taken / french letter / are we there yet? / speedy gonzales / not a single time / harder than stone / another grey crime / alice in my life / tell the kids / pretty ballerina / 16 smokin' gun / down in oslo / outro / shake



es folgen weitere betrachtungen. nach einer geduldspause.

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