Dienstag, September 09, 2014

neue töne (1432): the great park


die nummern prangen in großzeichensprache auf dem braunen karton. von 1 bis 100 durchexerziert, am ende ist es jeweils eine scheibe schwarzen vinyls, welche man aus packpapiergleichem ziehen kann. eine corporate identity ist das, worauf es stephen burch, also the great park (also woodland recordings) abgezielt hat. wiedererkennungswert im weitesten sinne ist gegeben. denn das immer etwas unbeholfen erscheinende bedruckte ist zu einem statement, zu einer ansprache geworden, aus der heraus sich qualität lesen lässt. die beinhalteten künstler bürgen dafür.

hier das einfache, schlichte, manchmal fatalistisch erscheinende artwork, dort die prätentiöse tiefe des dichters, sängers, liedermachers. in kurzen schritten archiviert burch auftritte, liederreigen und führt die chronik eines ganz eigenen musikalischen seinzustands. er ist ein fahrender, ein ständig bewegter, ein kluger beobachter und darüber hinaus einer, der teilt. seine lieder, die so sehr beeinflusst sind von gegensätzlichen komponenten wie den straßen berlins, auf denen er seine neues zuhause findet, und der landschaft irlands, in der er seine leidenschaft fand. dazwischen liegt die streitbarkeit der suche nach heimat. überall ist er daheim, meint man, wenn man seine konzertwütigkeit verfolgt. fraglich, ob es in europa orte gibt, an denen er noch kein ständchen gegeben hat. ganz zu schweigen von den kneipen, wohnungen, clubs und kleinen bars, in welchen er bereits mehr-, zigfach anzutreffen war.

seine art sich zu kleiden, sich einen bart stehen zu lassen, auch wie er sich zwischen den menschen bewegt, hat etwas von einem, der immer etwas außen vor steht, der sich zugleich zurück und nicht so wichtig nimmt. dabei legt er jedoch den finger in die wunden. dieser zeit. jener menschen, die er zu beobachten in der lage ist. die ihn und sein leben beeinflussen, welches er zu beschreiben sucht.
die worte, in stein gemeißelt geformt, als müssten sie jahrzehnte überdauern, aus dem mund gestossen, als wäre der sänger ihnen noch anhänglich, als sei er sich nicht im klaren, ob sie überdauerten. es schwingt stets eine klage mit, eine sorge, eine frage. der zweifel ist ein aufwand betreibender begleiter. er verlangt den austausch. und so klingen burchs lieder oft, als wären sie zunächst botschaften an sich selbst. was er schließlich teilt, ist vermutlich nur ein bruchteil dessen, was er zu teilen in der lage wäre.

mit "kitchen" veröffentlichte the great park jüngst seine neueste songsammlung, erstmals auf vinyl (genosse vinyl). mittlerweile ist die zweite pressung aufgelegt. gab es zur ersten noch eine bonus- cd mit alternativversionen, muss der käufer nun auf diese verzichten. so ist es eben  mit exklusiven dingen.
die lieder spielte stephen burch zuhause ein, er erhielt daneben unterstützung von martha rose an der violine und volker hormann am cello.
neun lieder, die in ihrer kargheit griffiger scheinen, als es größere produktionen je in der lage wären. die schraffierten saiten patroullieren die textzeilen, gepickt stecken sie hinweise, wie der sänger zu nehmen ist. seine doppelbödigkeit nährt die mutmaßungen. die sehnigen streicher beleben temporär, die erinnerungen daran verblassen schnell. die helle stimme dagegen nistet sich ein, bleiern sinkt sie auf den grund.
tracklist: 01. exeter / 02. whistle / 03. when the cold comes / 04. she cut your sails to fit her bed  / 05. the rain is a kind kind of love / 06. leipzig / 07. dust / 08. tommy / 09. cavalry coming 

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